Ein Dorf bewahrt seine Geschichte von Heinz Simon
Von welcher Seite man sich dem kleinsten und jüngsten Dorf der Verbandsgemeinde Diez auch immer nähert, durch die an den Ortseingängen aufgestellten Holztafeln mit dem Dorf- und Waldenser wappen und durch das Waldenserdenkmal am Dorfgemeinschaftshaus wird man unübersehbar auf die Entstehung des Dorfes als Waldenserkolonie hingewiesen.
Diese Gründungsgeschichte gibt der kleinen Gemeinde auf den Höhen zwischen Lahn und Gelbach ihre besondere Prägung und Eigenart, der sich die Dorfbewohner durchaus bewusst sind. Mit sog. Erinnerungsfesten gedenken sie immer wieder –zuletzt 1999- ihrer glaubenstreuen französischen Vorfahren in der ,,Colonie Vaudoise de Charlotte(n)berg“, Elisabeth Charlotte, Fürstin von Nassau - Schaumburg, (1640-1707), siedelte 1699 auf dem Höhenrücken oberhalb Holzappel an der alten Fernstraße Koblenz-Wetzlar und inmitten brachliegender Ländereien 57 waldensische Glaubensflüchtlinge (zehn Familien) in der nach ihr benannten Kolonie an, deren Siedlungskern aus je fünf kleinen, strohgedeckten, einstöckigen Fachwerkhäusern beiderseits der Straße bestand. Sie gewährte ihnen Schutz und Aufnahme aus christlichem Mitleid und politischem Weitblick. Als kluge Landesherrin wusste sie, das sie diese glaubensfesten Männer und Frauen als zuverlässige und fleißige Untertanen in ihrem dünn besiedelten Fürstentum gut gebrauchen konnte.
Es waren vorwiegend Bergbauern, die wegen ihres reformierten Glaubens besonders seit 1685 n ihrer Heimat unterdrückt und verfolgt worden waren. Sie kamen aus Fenestrelle im heutigen Chisone-Tal in den Cottischen Alpen westlich von Turin (Piemont), das damals
französisches Staatsgebiet war. 1702 wurden weitere sechs Familien aus Eppenrod mit ca. 30 Personen angesiedelt, die aus dem Nachbarort Mentoulles stammten und bereits 1687 nach Nassau-Schaumburg eingewandert waren. Die Fürstin stattete ihre neuen Untertanen mit großzügigen Sonderrechten (Privilegien) aus, zu denen insbesondere die freie und öffentliche Ausübung ihres Glaubens ,,nach den Regulen der reinen Reformierten Religion“ in französischer Sprache und französischen Pfarrern gehörte. Frömmigkeit, Barmherzigkeit (Armenfürsorge), Fleiß und Rechtschaffenheit waren ihnen wichtige Tugenden. Zusammen mit den Holzappeler Wallonen versammelten sie sich als Französisch-Reformierte Gemeinde Holzappel-Charlottenberg zu ihren Gottesdiensten in der Holzappeler Kirche. Die Kinder besuchten die französische Waldenserschule. Für die Hausväter war es eine ehrenvolle Pflicht, der Gemeinde als Kirchenältester (ancien, diacre), als Schulmeister (maitre d` ecole), als Vorleser der Bibeltexte (lecteur) oder Vorsänger der Psalmen (chantre) zu dienen. Im Gottesdienst fanden die Männer geistlichen Zuspruch, Trost und Erbauung.
Das Leben der Männer, Frauen und Kinder war hart und entbehrungsreich. In den ersten Jahren war die Sterblichkeitsrate besonders hoch. Die Einwohnerzahl stieg kaum an, und das Dorf vergrößerte sich in den ersten Jahrzehnten nur unwesentlich. Die jeder Familie zugeteilten zehn ,,Localmorgen“ Ackerland mit einem kleinen Wiesenanteil bildeten mit den geringen Ernteerträgen nur eine schmale Existenzgrundlage. Nebenverdienste gab es kaum. Noch 1730 beklagte der Kirchenvorstand in einem Brief an die Generalstaaten der Niederlande die Armut der Einwohner und die geringen Ernteerträge. Das tägliche Brot bestand oft zur Hälfte aus Hafer.
Als die niederländischen Pensionszahlungen für die Pfarrer ausblieben, wurde die Gemeinde nach dem Tod des letzten Pfarrers J. L. Merat 1766 in die reformierte deutsche Kirchengemeinde Dörnberg eingegliedert. Die Waldenserkolonie war über mehr als zwei Generationen eine ethnisch, sprachlich und konfessionell nahezu geschlossene Ansiedlung, in der die deutschen Nachbarn kein Wohnrecht hatten.
Der ab 1752 auf der Grube Holzappel planmäßig betriebene Erzbergbau schuf neue Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten und leitete für die Menschen der ganzen Region einen grundlegenden sozialen und wirtschaftlichen Umbruch ein. Dieser Wandel erfasste auch die Waldenserkolonie Charlottenberg. Es kam zu einer Ausdifferenzierung in einige wenige bäuerliche Betriebe und eine viel größere Anzahl von Bergarbeiterfamilien mit landwirtschaftlichem Nebenerwerb. Aus den Bauern wurden Bergleute, aus der Waldensersiedlung wurde ein Bergarbeiterdorf.
Mit den Strukturen änderten sich die sozialen Bindungen, die Wertmaßstäbe, die religiösen Über- zeugungen und damit auch die Fremdheit zwischen Einheimischen und Zugewanderten. Das Be- streben der jungen Waldenser, ihre Ehepartner möglichst unter ihren Landsleuten zu suchen, wurde schwächer, und die identitätsstiftende frühere Geschlossenheit des Dorfes löste sich auf. Junge Berg- leute aus den Nachbardörfern suchten die Nähe zum neuen Arbeitsplatz und wurden bald durch Einheirat in Charlottenberg sesshaft. Der erste Zuwanderer (Johann P. Müller) kam 1767 aus Attenhausen. In den Dörnberger Heirats- und Taufregistern tauchten nun die deutschen Namen auf, die immer noch im Dorf geläufig sind. Debusmann, Freitag, Hasselbach, Hennemann, Jakob, Leitzbach, Müller, Maxeiner, Spöth u.a.m.. Mit dieser Zuwanderung wuchs die Bevölkerungszahl an, und das Dorf vergrößerte sich in einer zweiten Bauperiode durch den Ausbau in südlicher Richtung ab ,,Gesserts Weg“ (heute Taunusstraße). Es entstanden neue, zweistöckige Häuser beiderseits der Dorfstraße. Mit dem Bau der Dorfschule wurde dann 1874 ein vorläufiger Abschluss erreicht. Dieser Prozess der Öffnung und Anpassung vollzog sich allmählich. Die Eigenarten der französischen Einwanderer, ihre Sprache, ihre Gebräuche waren nicht auf einen Schlag verschwunden. Französisch bzw. Patois wurde allerdings bald nur noch von den Alten gesprochen. Die Jugend lernte schon ab 1765 in der Dörnberger Schule die deutsche Sprache. W. Wittgen berichtet (1905) zur Eingliederung der Waldenser in die Dörnberger Kirchengemeinde im Jahre 1766: ,, Und nun kamen sie ein ganzes Jahr lang allabendlich zusammen und verglichen Wort für Wort ihrer Bibel mit der deutschen Übersetzung,... Sie versammelten sich noch jahrzehntelang jeden Sonntag Nachmittag in ihrem Versammlungsraum in Charlottenberg, um in der Waldenserbibel zu lesen und in der Muttersprache zu singen und zu beten ... Bis Anfang des 19. Jahrhunderts hat sich das französische Gepräge der Kolonie erhalten. Seit der Zeit verloren die Bewohner, die Sprache der Väter zu reden, und damit schwanden die Sitten und Gebräuche der alten Zeit. Im Jahr 1814 konnte der Dörnberger Pfarrer Wilhelmi feststellen:,, Gegenwärtig spricht keiner mehr französisch von Ihnen“.
Die waldensische Glaubensgewissheit und Unerschrockenheit blitzte noch einmal auf, als der langjährige Schultheiß und Landwirt Johann Daniel Borel seine Tochter Catherine Elisabeth nicht mehr zum Konfirmandenunterricht des Pfarrers Wilhelmi schickte, weil er mit den Lehrinhalten nicht einverstanden war. Er wurde dafür am 1.Sept. 1833 mit einer Geldstrafe belegt.
Die Erinnerung an die ,,Colonie Vaudoise de Charlotteberg“ und an die Geschichte der Waldenser drohte in der Bevölkerung völlig in Vergessenheit zu geraten. Doch Adolf Deißmann, neuer Pfarrer der Dörnberger Kirchengemeinde von 1860-1864, zeigte erfreulicherweise Verständnis und großes Interesse für die Besonderheiten der waldensischen Glaubenstradition und für die Waldensergeschichte. Schon 1864 veröffentlichte er seine Nachforschungen in dem Buch: ,,Die Waldenser der Grafschaft Schaumburg und die Gründung des Dorfes Charlottenberg“. Die Erinnerungen an die Vorfahren, an ihre Flucht, an die mildtätige Fürstin, an die Aufnahme in Nassau – Schaumburg und an das Leben in der Kolonie wurden wieder lebendig. Pfarrer Deißmann organisierte dann am 18. August 1862 mit dem Dörnberger Schullehrer Ebertshäuser das erste sog. Erinnerungsfest an die Gründung Charlottenbergs, das in der Schulchronik ausführlich beschrieben ist und das für spätere Zeiten beispielhaft wurde. Als Datum der Dorfkirmes erinnerte der dritte Sonntag im August von nun an immer wieder an die Gründungsgeschichte. Die runden Jahrestage wurden als Erinnerungsfeste besonders feierlich begangen. Voller Dankbarkeit schenkte der Kirchenälteste Johann Daniel Borel, letzter Namensträger der alten Waldenserfamilie, Pfarrer Deißmann bei seiner Verabschiedung für seine Verdienste um die Bewahrung der ,,alten Waldenser Gedächtnis“ den letzten noch in der Gemeinde vorhandenen französischen Psalter.
Die Einwohnerzahl nahm in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts weiter zu. Der damit einhergehende Siedlungsausbau führte zu einer Verdichtung der Bebauung und erreichte zuletzt die Holzappeler Straße. 1873 hatte das Dorf 216 Einwohner in 37 Familien. Es erreichte seine größte Einwohnerzahl im Jahre 1900 mit 240 Einwohnern in 40 Familien. 1924 wurde die Wasserleitung verlegt, und seit 1923 gab es elektrisches Licht in den Häusern.
Die Dorfgemeinschaft wurde in diesen Jahren durch Vereinsgründungen gestärkt: 1880 MGV Concordia; 1897 Freiwillige Feuerwehr; 1910 Krieger- und Militärverein; 1912 Sportverein; 1923 Frauenhilfe. Geselligkeit wurde im Dorf groß geschrieben.
Zum 200-jährigen Bestehen Charlottenbergs wurde am 20./21.August 1899 wieder ein großes Erinnerungsfest gefeiert, zu dem Hunderte von Besuchern aus nah und fern in die ehemalige Waldenserkolonie kamen. Im Rahmen der Feierlichkeiten wurde dann das Waldenserdenkmal mit dem Relief der Fürstin Elisabeth Charlotte von Nassau-Schaumburg und en Namen der Gründerfamilien enthüllt, von denen heute nur noch der Familienname Bonnet im Dorf existiert. Es wurde zum Wahrzeichen Charlottenbergs.
Das Dorf war inzwischen zwar größer geworden, und mehr Menschen wohnten in Charlottenberg. Es gab elektrischen Strom, und das Maschinenzeitalter hatte begonnen. Aber nach wie vor mussten die Menschen hart für ein einfaches und bescheidenes Leben arbeiten. Die Löhne der Bergleute waren niedrig. Die Arbeit unter Tage war schwer und ungesund. Davon zeugen der oft frühe Tod der Bergleute und die große Anzahl der Invaliden (10/1899), Witwen (16/1899) und Waisen im Dorf. Die Erträge im kleinen bäuerlichen Nebenerwerb waren gering. Sie waren aber für die oft kinder- reichen Familien zur Sicherung des Lebensunterhaltes unverzichtbar. Die wirtschaftliche und soziale Situation der Menschen, ihr Lebensstil und die gutnachbarschaftliche Dorfgemeinschaft änderten sich bis zum zweiten Weltkrieg kaum.
Nach 200-jährigem Betrieb wurde die Grube Holzappel 1952 wegen mangelnder Rentabilität still- gelegt. Die Betriebsschließung bewirkte erneut eine tiefgreifende Änderung der Lebensverhältnisse für die Menschen in Charlottenberg und Umgebung. Sichere und gut erreichbare Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten gingen verloren. Weite Anfahrten zur Arbeitsstelle bis in den Raum Koblenz oder Frankfurt und berufliche Umorientierungen wurden unvermeidlich.
Im Zuge der Gemeindereform in Rheinland-Pfalz wurde Charlottenberg 1973 bei weitgehender Bewahrung der Selbstständigkeit in die Verbandsgemeinde Diez eingegliedert.
Die Mechanisierung der Landwirtschaft machte in diesen Jahren (1969-1971) eine erneute Flurbe- reinigung und den Ausbau der Feldwege erforderlich. Die kleinparzellierte Flur verschwand und mit ihr einige hundert Obstbäume, die einst charakteristisch für die Charlottenberger Gemarkung waren. Die Nebenerwerbslandwirtschaft hörte nach und nach auf. In diese Zeit des Umbruchs und der Neuorientierung gehören neben dem Wandel im bäuerlichen Raum auch innerörtliche Veränderungen, die von den Dorfbewohnern besonders stark als Verlust und Beeinträchtigung der Lebensqualität empfunden wurden: Schließung der einklassigen Volksschule (1965); Schließung der Gastwirtschaft Hofmann ,, Zur schönen Aussicht“ (1971); der Gastwirtschaft Eckart (1975); Schließung der beiden Dorfläden Debusmann (1974) und Haxel (1975); Aufgabe der Poststelle (1977).
Mit der Erschließung des neuen Baugebietes an der Holzappeler Straße ab 1982 hat inzwischen das ,,alte Dorf“ an Substanz und Einfluß verloren. Einheimische und Auswärtige haben die Gelegenheit genutzt, um in attraktiver Wohnlage hoch über dem Lahntal ihre Häuser zu errichten. Das Frauenlandhaus in der ehemaligen Gastwirtschaft Hofmann hat sich zur gefragten Fortbildungsstätte entwickelt. Die Errichtung des Feuerwehrgerätehauses in Eigenleistung (1994/1996), die Kanalisations- (1996) und Straßenbaumaßnahmen (2002/2003) u.a.m. sind zukunftsweisende Initiativen der Gemeinde zur Stärkung der Wohn- und Lebensqualität in der reizvoll gelegenen, ehemaligen Waldenserkolonie im Naturpark Nassau.
Über alle diese wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen hinweg blieb erstaunlicherweise die Erinnerung an die Gründungsgeschichte des Dorfes lebendig. Selbst in den krisenhaften Zeiten der Weimarer Republik 1924 und in der Nachkriegszeit 1949 gedachten Kirchengemeinde, Schule und Ortsgemeinde der Ansiedlung der Waldenser in Charlottenberg. Das große Jubiläumsfest zum 300-jährigen Bestehen des Dorfes vom 20.-22. August 1999 bildet den vorläufigen Abschluss dieser 150 Jahre währenden Zeitspanne von Erinnerungsfesten. Das anlässlich des Jubiläums entstandene Dorfbuch ,,300 Jahre Charlottenberg – Beiträge zur Orts- und Heimatgeschichte“ soll zusammen mit dem Inventar der Ausstellungsvitrine im Dorfgemeinschaftshaus diese Tradition weiterhin festigen und bewahren, als Brückenschlag von der Gegenwart hin zu den Anfängen des Dorfes als Waldenserkolonie und als Schlüssel zum Verständnis der tiefgreifenden Umbrüche und Veränderungen, die das Dorf und seine Einwohner im Wandel der Zeiten erleben mussten.
Wo der Bergbau zu Hause war
Dörnberg und seine Geschichte
Das Gründungsdatum Dörnbergs ist nicht genau zu belegen. Man geht davon aus, daß die erste Ansiedlung in Verbindung mit der Errichtung einer Burg auf dem heutigen “Erkelstein” steht. Diese Burg wurde wahrscheinlich von einem “Götz Durinc”, Ritter und Volprecht von der “Eschbach” erbaut, der im Jahre 1306 n. Chr. als Zeuge in einer Schenkungsurkunde auftritt. Diesem Ritter verdankt Dörnberg schließlich denn auch seinen Namen, denn 1360 wird Dörnberg erstmals als “Durinberg” urkundlich erwähnt (1472 Durrenberg, 1563 Durrnberg, 1607 Dürrnberg, 1790 Dörrnberg, 1818 Dörnberg). Die relativ späte Besiedlung ist wohl vorwiegend auf die ungünstigen Bodengegebenheiten zurückzufü+hren. Der steinige Boden brachte für die ersten Bauern einen äußerst geringen Ertrag. Aus früher Zeit stammt auch eine Kappe einer Wettertüt, die zeigt, daß schon im 16. Jahrhundert auf dem Gebiet der Gemarkung Dörnberg eine Grube zeitweise in Betrieb war. Sie bestimmte bis in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts maßgeblich das Leben in Dörnberg. In dem als “Grube Holzappel” bekannten Bergwerk wurden Silber, Blei Kupfer und Zink gefördert. Im Jahre 1544 hatte Dörnberg bereits eine eigene Kapelle, knapp 20 Jahre später wurde unter der Herrschaft Schaumburgs die Reformation eingeführt.
1634 wurden durch die Spanier im 30 jährigen Krieg die ersten 14 Hofgesäße, die entlang der heutigen “Füchenanwand” und “Hinter der Anwand” standen, völlig zerstört. Die überlebenden Einwohner bauten ihr Dorf auf der heutigen Stelle neu auf. Wahrscheinlich wurde in dieser Zeit auch die Burg des Ritters zerstört. Von dieser Burg, die ansonsten nicht belegt ist, wurde bei Bauarbeiten auf dem Erkelstein ein Stolleneingang freigelegt. Man nimmt heute auch an, daß das Dorf “Ruprachtisberg”, welches in der Schenkungsurkunde von 1360 mit Dörnberg erwähnt wurde, ebenfalls in diesem Jahr zerstört wurde. Der heutige Bergerhof könnte eine Restsiedlung dieses Dorfes sein.
1649 erweiterte Dörnberg seine Kapelle und wurde erstmals selbstständige Pfarrei. Bei einer kurz darauf stattfindenden Volkszählung wurden in Dörnberg 95, in Kalkofen 15 und auf dem Bergerhof 2 Einwohner gezählt. Zuwachs bekam man 1687, als die ersten Waldenser-Flüchtlinge in der Esterau eintrafen und zum Teil auch in Dörnberg untergebracht wurden. 1741 wurde die heutige Kirche eingeweiht, zwei Jahre später eine neue Schule. Ab 1751 war das Bergwerk ständig in Betrieb, wodurch das Dorf profitierte und durch die reichlich fließenden Steuereinnahmen eine der reichsten Gemeinden des Kreises wurde. Bei dem Hüttenwerk der Grube entstand eine Arbeitersiedlung.
Die Bevölkerungszahl wuchs jetzt kontinuierlich: 1820 - 230 E; 1840 - 336 E; 1871 - 572 E; 1950 - 682 E. Die Schülerzahl der Dörnberger Schule stieg von 74 im Jahre 1819 auf 129 im Jahre 1867. Im Jahre 1828 wurde dann auch eine neue Schule erbaut.
Um die Jahrhundertwende erlebte Dörnberg eine Art Blütezeit. 1892 wurde auf der Hütte ein Krankenhaus eingerichtet, 1894 neue Brunnen angelegt, 1902 eine neue Wasserleitung, 1903 die bis 1969 noch genutzte Volksschule gebaut.
Zu dem Bau der Wasserleitung ist zu sagen, daß das Wasser aus einer Quelle in der Gemeinde Bremberg durch eine 4km lange Leitung unter dem Fluß Lahn durchgeführt und dann nach Dörnberg geleitet wurde. Die Wasserleitung mußte dabei zuerst ein Gefälle und dann eine Steigung von jeweils 200m überwinden. Bekannt ist auch, daß um die Jahrhundertwende Weinbau auf den steilen Lahnhängen betrieben wurde.
1930 wurde die Grube vorübergehend stillgelegt. Es herrschte große Arbeitslosigkeit, wobei es sich aber bezahlt machte, daß in fast jedem Haushalt nebenbei noch Vieh gehalten und Landwirtschaft betrieben wurde. 1955 errichtete die MKW an der Schleuse Kalkofen ein Wasserkraftwerk. Im selben Jahr schloß die Grube entgültig ihre Tore, wodurch sich die Bevölkerungsstruktur wandelte. Die Einwohnerzahl sank auf etwa 550 Einwohner; der überwiegende Teil der Bevölkerung geht im Raum Diez/Limburg der Arbeit nach. Die Zahl der landwirtschaftlichen Erwerbsbetriebe sank auf 4.
Nachdem 1969 die Dörnberger Volksschule geschlossen wurde, riß man die alte Schule von 1828 ab, die neue, 1903 erbaute Schule ist noch erhalten. Die Hüttenschule war bereits 1968 aufgelöst worden. Das kulturelle Leben besteht bis heute in vielen Vereinen weiter. So konnte 1996 der Gesangverein sein 150 jähriges, der Turnverein sein 110 jähriges und die Feuerwehr ihr 60 jähriges Jubiläum feiern.
Zur Ortsgemeinde Dörnberg, die zur Zeit etwa 500 Einwohner hat, zählen auch die Ortsteile Kalkofen und die ehemalige Bergmannssiedlung Dörnberg-Hütte.
Auf uraltem Siedlungsgebiet Eppenrod und seine Geschichte
Eppenrod am Fuße des Westerwaldes gelegen, wird urkundlich erstmals um 950 n. Chr. erwähnt. Funde von Hallstadt-Brandgräbern aus der Zeit um 800 v.Chr. in der Gemarkung Eppenrods, lassen auf ein wesentlich früheres Bestehen des des Ortes schließen. Seinen Namen soll Eppenrod von einem Limburger Konradiner-Mönch Eberhard (lat. Eppo) erhalten haben, der zur Erweiterung des Siedlungsgebietes den urwaldähnlichen Wald roden ließ. Die romanische Kirche, deren Alter auf 800 Jahre geschätzt wird, gilt als eine der ältesten in der ganzen Esterau. 1336 teilte Bischof Balduin von Trier die Pfarrkirche dem Stift Limburg zu. Die Eppenröder Pfarrer wurden von Limburg benannt und eingesetzt. 1541 hielt die Reformation ihren Einzug. Eppenrod wurde evangelisch, aber weiterhin über einen Zeitraum von 100 Jahren von katholischen Pfarrern betreut. Erst Gräfin Agnes von Holzappel, die Witwe Peter Melanders, löste 1650 die Verbindung zu den Limburgern. Die Nassauer Fürsten waren wegen ihrer Bereitwilligkeit, den reformatorischen Gedanken aufzunehmen, beim katholischen Kaiserbischof in Wien nicht gut angeschrieben. Man bezichtigte sie des Reichsverrates und erhob Klage gegen sie. Der damalige Landesfürdt Johann Ludwig von Nassau-Hadamer wurde nach Wien beordert, wo man ihn von der Unrichtigkeit seiner religiösen Anschauungen zu überzeugen suchte. Nach einem siebenstündigen Gespräch gab Johann Ludwig schließlich nach und legte das katholische Glaubensbekenntnis ab. Als Gegenleistung wurde ihm vom Kaiser die Befreiung von allen Kriegslasten zugesichert. Damit mußten auch seine Untertanen von Nassau-Hadamar den katholischen Glauben annehmen. Der damalige Pfarrer von Eppenrod weigerte sich die Konfession zu wechseln und verließ Eppenrod unter Protest. Erst mit der Einführung des neuen Kaplans, Konrad Rummeisen, wurde die Bevölkerung Eppenrods nach fürstlichem Willen wieder katholisch. 1643 sah sich Johann Ludwig, der mehr und mehr in Geldnöte geraten war gezwungen, die Esterau mit der Vogtei Isselbach und Eppenrod an Peter Melander von Holzappel zu verkaufen. Die Eppenröder wurden Leibeigene der Reichsgrafschaft Holzappel, hatten Fronarbeit zu leisten und den zehnten Teil ihrer Erträge abzugeben. Da Peter Melander evangelisch war, mußten sie als seine Untertanen wieder en evangelischen Glauben annehmen. Fortan blieb Eppenrod unter der Herrschaft der evangelischen Fürsten von Holzappel-Schaumburg. Die Leibeigenschaft wurde im Jahre 1688 aufgehoben. Bereits im Jahre 1686 war von der Fürstin Charlotte von Holzappel der Bau einer Schule angeordnet worden. Dieses erste Schulgebäude ist das noch erhaltene Haus des ehemaligen ,,Knochenflickers” Wilhelm Schmidt. Wegen der wachsenden Zahl der Kinder wurde 1835 eine neue Schule neben der Kirche gebaut. Die Kosten beliefen sich nach vorahndenen Unterlagen auf 4141 Gulden. Die Schule wurde im Jahre 1972 aufgelöst. Zur Zeit fahren die Grundschüler nach Diez und die Hauptschüler nach Altendiez zum Unterricht. Wie andere Dörfer in der Esterau hatte auch Eppenrod unter den Auswirkungen des 30jährigen Krieges zu leiden. Ein großer Teil des Ortes wurde völlig zerstört, dabei fiel u.a. auch das Mittelschiff der Kirche einem Brand zum Opfer. Das bis heuteb erhaltene alte Pfarrhaus entstand unmittelbar nach dem “Großen Krieg” (um 1650) und kann somit auf eine weit über 300 Jahre alte Geschichte zurückblicken. Eppenrod war von alters her von der Landwirtschaft geprägt. Dies hat sich im letzten Jahrhundert, vor allem in den letzten 40 Jahren infolge der allgemeinen nationalen und internationalen Entwicklung grundlegend gewandelt. Gegenwärtig leben nur noch wenige Familien vom ehemaligen Haupterwerb, der Landwirtschaft. Die nachstehend aufgezeichneten Begebenheiten vermitteln einen Eindruck von dem Leben im alten Eppenrod und der Mentalität seiner Bewohner.
Von kirchlichen Sitten und Gebräuchen 1688 ergeht der Befehl von den Kanzeln, daß die Väter bei der Taufe ihrer Kinder zu erscheinen hätten. 1708 wird festgesetzt, daß bei Taufen nur ein Tag gefeiert werden darf, und 1718 wird befohlen, daß bei der Taufe nur eine Mahlzeit gegeben werden darf. Zugkeich ist auch von Mißbräuchen bei Hochzeiten die Rede. Es werden drei oder mehr Tage gefeiert. Es herrsche dann Überfluss im Essen und Trinken und unordentliches Wesen mache sich breit. Zum Beispiel trinkt die Hochzeitsgesellschaft schon vor dem Kirchgang ,,hitziges Getränk”, und die Hochzeitgeber stürzen sich in große Ausgaben und ,,geraten ins Verderben und Abnahme ihrer Nahrung”. Es wird nun verboten, sich vor dem Kirchgang zu berauschen. Auch sollen nicht mehr als 20 Hochzeitsgäste geladen werden. Das Ende der Feier wird auf Abends um 9.00Uhr festgesetzt. Bei Zuwiderhandlung bedrägt die Strafe 20 Reichstaler.
Von Pfarrern Am 08.08.1726 bringt Pfarrer Petri von Eppenrod vor, daß ihm die Gemeinde zugemutet habe, daß er wie andere Einwohner das Fuhr-Vieh hüten solle, wenn die Ordnung an ihm wäre. Schon vor einem Jahr hätten sie ihm das Ochsenhüten angetragen, was er auch um des lieben Friedens Willen auch getan hätte. Der Fürst bestimmt darauf, daß das Ochsenhüten für den Pfarrer verboten sei und das die Einwohner das Fuhr-Vieh des Pfarrers mitzuhüten hätten. Am 06.11.1752 muß der Fürst sein ,,ungnädiges Mißfallen” darüber ausdrücken, “daß die Herren Geistlichen den Gottesdienst also einzurichten haben, daß die Predigt nicht länger als eine Stunde und Gesang und Gebet nicht länger als eine halbe Stunde dauern sollen. Zu diesem Zweck sollen Sanduhren angeschafft und im Gottesdienst von Kirchenältesten gehandhabt werden. Auch soll der Gottesdienst im Sommer um 8.00Uhr und im Winter um 9.00Uhr beginnen.
Von Schulmeistern Die Schulmeister hatten neben der Schule noch allerlei andere Aufgaben. Das Läuten und Schmieren der Glocken, Schmieren der Uhr, Waschen des Kirchengerätes, Sauberhalten des Friedhofes und “Abdankung und Singen bei Leichen”. In Eppenrod erhielt der Schulmeister für seinen Gesang bei Beerdigungen zwei Brote. Außerdem “solle er die Abnutzung des Grases vom Friedhof haben”. Schulmeister Brack von Eppenrod muß 1720 Klage führen, daß man ihm große Schwierigkeiten macht, weil er zwei Schweinchen in den Gemeindewald treiben will. Die Sache wird dahin geregelt, daß der Schulmeister jederzeit zwei Schweine in den Wald treiben darf. 1693 zeigt Pfarrer Bradäus von Eppenrod an, das der Schulmeister Johann Kister in der Kirche mit einigen anderen Zuhörern geschlafen habe. Als der Pfarrer von der Kanzel rief, sie sollten aufwachen, sei der Schulmeister aufgewacht, habe sich aber gleich wieder in den Schlaf gelegt. Der Pfarrer war genötigt, seine Mahnung zu wiederholen, der Schulmeister wollte jedoch nicht hören. Daraufhin rief der Pfarrer von der Kanzel, er solle auf Befehl der gnädigsten Herrschaft aufwachen. Da habe er sich wohl aufgerichtet, sich später aber wieder niedergelegt.
Basalt und ,,Sauerwasser” Aus der Geschichte Geilnaus
Geilnau liegt am rechten Ufer der Lahn zwischen Laurenburg und Balduinstein. Der Name der Gemeinde, früher Geilenowe, entstand wohl aus der Bedeutung des Wortes geil=fruchtbar, üppig, also fruchtbare Au. Auch die steilen Hänge gegen den Mühlenberg müssen sehr ertragreich gewesen sein, den schon seit 1572 wird eine Kapelle in Geilnau erwähnt mit eigenen Weinbergen. Es soll vordem ein Kelterhaus gewesen sein. Nur noch als Gotteshaus wird diese Kapelle seit 1630 genutzt.
Wenn man vom Dorfe aus lahnaufwärts wandert, hat man zur linken zunächst ein gewaltiges Bergmassiv, dessen rundliche Kuppe sofort die vulkanische Herkunft verrät. Es ist der Basaltkegel des Mühlenberges, an dessen Abhängen 1901 ein Steinbrechwerk zur Gewinnung von Basaltschotter errichtet worden ist. Von 1900-1937 bauten die Lahn-Basalt-und Lavawerke dort Gestein ab. Hochwertiger Säulenbasalt, von außerordentlich hohem Grad an Zähigkeit und Härte, wie er nur bei wenigen Basalten vorkommt, wurde dort gebrochen. Aus einem Gutachten von Bergrat Dr. A. Steuer aus Darmstadt, vom 1.Oktober 1906 ist zu lesen: ´Der Geilnauer Basalt gehörte zweifellos für technische Zwecke zu den Besten, die es gibt; er ist aber - wenn ich mich einmal dieses Ausdrucks bedienen darf - ein wenig zu gut.´.1902 ließ die Hannoversche Gesellschaft der der Basaltsteinbruch in Geilnau gehörte, ein Anschlusskreis an die Lahn legen, das den Fluss auf einer ebenfalls errichteten eisernen Brücke überquert. Die Industriebahn lief vom Cramberger Tunnel etwa 3 Kilometer am linken Lahnufer bis nach Geilnau, wo eine ausgedehnte Verladestation die zu beladenden Eisenbahnwaggons aufnahm. Dieser Verladestation gegenüber, am rechten Lahnufer, hart an der Straße die von Balduinstein nach Geilnau führt, lagen die stattlichen Anlagen des Werkes. Es bot nicht allein vielen Arbeitern aus Geilnau, das früher fast ausschließlich von Bergleuten der nahen Grube Holzappel bewohnt wurde, sondern auch den benachbarten Dörfern, z.B.Cramberg, Langenscheid, Hirschberg, Eppenrot und Wasenbach, lohnende Beschäftigung. Im Jahre 1900 waren dort 12, im Jahre 1913 230 Mann, darunter 30 Italiener und 30 Ungarn Arbeit.
Bis zum Jahre 1700 gingen die Geilnauer Kinder nach Holzappel, ab 1701 nach Langenscheid und vom 3.April 1829 an in eine eigene Schule nach Geilnau. Diese war in den Jahren1827-.1828 erbaur worden. 1873-1874 wurde der Schule ein weiteres Stockwerk aufgesetzt. Weit über 100 Jahre erfüllte sie ihre Zweck als Bildungsstelle der Geilnauer Jugend. Im Jahre 1969 wurde sie aufgelöst. Seitdem besuchen die Kinder die Esterauschule, die gemeinsame Grund-und Hauptschule in Holzappel. 1986 wurde das alte Schulgebäude abgerissen. An gleicher Stelle ersteht nun in den Jahren 1987 und 1988 ein Dorfgemeinschaftshaus, überwiegend in Eigenleistung der Bürger. 1780 wurden an der seit dem 30-jährigen Kriege verschütteten Mineralquelle zu Geilnau neue Nachgrabungen angestellt. Carl Ludwig, Fürst von Anhalt-Bernburg-Schaumburg, dessen Hoheit damals die Esterau unterstand, ließ Schächte abteufen, und man fand auch wirklich 20 Fuß unter dem Lahnbett eine alte Fassung und mehrere aus dem Schiefer hervorbrechende Quellen. Zuerst hatte der Obermedizinalrat Amburger zu Offenbach in dem Frankfurter med. Wochenblatt im Jahre 1784, auf Grund einer 1782 ausgeführten Untersuchung auf den medizinischen Wert des Geilnauer Wassers hingewiesen. Auf seine Anregung hin ließ der Fürst Carl Ludwig 1790 den Brunnen neu in Blei fassen, aus dem zwei Röhren weiterhin nach oben führen. Das ganze Areal wurde durch eine Umfassungsmauer gegen das Lahnwasser geschützt. Seine Blütezeit hatte der Geilnauer Mineralbrunnen bis in die 30ger Jahre des 19. Jahrhunderts; damals wurden gegen 60.000 Krüge versandt. Dann wurde es immer weniger, und der jährliche Debit fiel auf ca. 6000 Krüge und in den folgenden Jahren, als durch die Flaschen der Preis eines minderwertigeren Mineralwassers noch gestiegen war, wahrscheinlich noch tiefer. Es ist bekannt, dass dann später keine eigene Königliche Brunnenverwaltung mehr bestand, sondern die Geschäfte von Fachingen aus Verwaltet wurden. Seit dem Jahre 1894 wird der Brunnen fast nur noch von den Landleuten als tägliches Getränk genutzt. Bis heute noch fließt das “Sauerwasser”, das sich regional allgemeiner Beliebtheit erfreut.
Die Bevölkerung entwickelte sich von 1680 mit 34 Einwohnern über 1817 mit 141, 1865 mit 334, 1825 mit 370 auf die heutige Zahl von 376 Einwohnern. Es wohnen heute 173 Familien in den 104 Häusern in den 4 Ortsstraßen. Wegen seiner ruhigen und landschaftlich reizvollen Lage und vor allen seiner Dorfgemeinschaft kann Geilnau zuversichtlich der Zukunft entgegenblicken.
Hirsch im Wappen Aus der Vergangenheit Hirschbergs
Wer von den Höhen des mittleren Westerwaldes oder des Einrichs seine Blicke lahnwärts schweifen läßt, sieht aus der Landschaft der unteren Lahn einen wuchtigen, tannengekrönten Bergkegel emporragen. Dieser Berg wurde in alten Zeiten Hirtzberg und erst seit Beginn des 19. Jahrhunderts Höchst genannt. Letztere Bezeichnung verdankt er dem Umstand, daß er mit seinen 444m der höchste Berg im früheren Unterlahn- kreis war, erstere seinem Wildreichtum, besonders an Hirschen, die von altersher hier in seinen ausgedehn- ten Waldungen ihre Standquartiere hatten. Der Name des Berges wurde dann auf das an dem Fuße seines Osthanges wohl zur Zeit der fränkischen Herrschaft gegründete Dorf übertragen.
Eine sich um die Person des heiligen Lubentius, des Apostels des Lahngaues, rankende Legende gibt zu dieser Namensbildung eine andere Begründung. Um die heidnischen Germanen zum Christentum zu bekehren, kam Lubentius bei seiner Wanderung durch den Lahngau auch in unsere Gegend. Unsere Vorfahren hatten damals in der Senke zwischen Höchst und Mühlberg an der heutigen Straße Holzappel/ Diez ihre Malstätte, ihen heiligen Hain, wo sie ihren Göttern huldigten und unter einer alten Eiche Gerichtb hielten. Unter dieser Eiche predigte Lubentius den Versammelten das Evangelium von Christus und bekehrte sie. Hier errichtete er alsdann das Wahrzeichen der Christen, ein hölzernes Kreuz. Noch heute wird diese Stelle die ,,Kreuzeiche” und der von Geilnau heraufführende Pfad ,,Götzenhainspfad” genannt. An der nahen Quelle, dicht unter dem heutigen Dorfe, taufte Lubentius seine neuen Anhänger und pflanzte auch hier das Christkreuz auf. Die heutigen Flurnamen “Kreuzborn” und “Kreuzwiesen” halten die Erinnerung an die einst hier vorgenommenen heiligen Handlungen wach. Der aus dieser Quelle entspringende Bach wurde Tiofbach- Taufbach (heute Daubach) genannt. Wenn wir die Frage nach dr Gründungszeit Hirschbergs beantworten wollen, so kann dies nur im Zusammenhang mit der Errichtung der alten Kapelle geschehen. Diese ist nachweislich um 1400 erbaut worden. Die Vorliebe der christlichen Missionare, bei oder in der Nähe der ehrwürdigen Kultstätten Kapellen zu errichten, ist wohl der Grund für den Standort und verhältnismäßig frühen Bau des Hirschberger Gotteshauses gewesen. Ein untrüglicher Zeuge für das hohe Alter dieser Kirche ist die aus dem Jahre 1409 stammende Glocke, die heute den Turm der neuen Kirche ziert. Das Dorf selbst, das im Jahre 1395 zum erstenmal urkundlich erwähnt wird, ist wohl einige Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte früher entstanden. Hirschberg gehörte von Anfang an zur Grafschaft Diez, die wegen ihrer Fruchtbarkeit auch die “Güldene Grafschaft” genannt wurde. Das Schicksal des Ortes ist deshalb unlöslich mit dem der Grafschaft verknüpft. Während Diez ein Teil des fränkischen Niederlahngaues war, zählten die Nachbardörfer der Esterau zum Engersgau. Die Grenze zwischen dem Niederlahngau und dem Engersgau führte von der Lahn am Daubach entlang und strich dann östlich am Höchst vorbei ins Gelbachtal. Die Hirschberger Kapelle stand auf dem Gelände des heutigen Pfarrgartens und des oberen Friedhofes. Wegen Baufälligkeit mußte sie 1871 abgerissen werden. Bis zum Bau der neuen Kirche im Jahre 1892 wurde der Gottesdienst im Schulsaal abgehalten. Als Schulhaus diente im 17. und 18. Jahrhundert ein einstöckiges Gebäude, ab 1800 ein zweistöckiges Wohnhaus. 1827 zogen Lehrer und Kinder in den Gemeindesaal beim Backhaus um. Schon bald erwies sich dieser Saal als zu klein, und so entstand 1834 ein Schulhaus mit Lehrerwohnung in der Ortsmitte an der Hauptstraße. 1928 wurde die neue Volksschule unter- halb der Kirche gebaut, die ihren Zweck bis in unsere Zeit erfüllte. Seit 1969 besuchen die Hirschberger Kinder die Esterauschule, die gemeinsame Grund- und Hauptschule in Holzappel. Wie die meisten Städte und Dörfer in Deutschland hatte auch Hirschberg unter den Drangsalen des 30. jährigen Krieges zu leiden. Besonders schwer heimgesucht wurde das Dorf 1645. Die aus Spaniern und Kaiserlichen bestehende Besatzung von Hammerstein fiel in der Grafschaft ein. ,, Sie raubte in Hirschberg den verarmten Einwohnern nicht nur jegliches Vieh, sondern auch alle Lebensmittel, so daß sie in die Nachbardörfer betteln gehen mußten, um nicht zu verhungern”. Nach mündlichen Überlieferungen mußten sie Äcker und Wiesen in Tausch geben, um in den Besitz der notwendigen Lebensmittel zu gelangen. Damit wäre wohl auch die Frage beantwortet, wie es kommt, daß die Gemarkung Langenscheid bis dicht an den Dorfrand Hirschbergs reicht. Die Stürme des 30.jährigen Krieges haben mit großer Wahrscheinlichkeit nur drei Häuser in Hirschberg überstanden. Als das zur Zeit Älteste ist das Haus Nothdurft an der Hauptstraße anzusehen, das anfangs des 19. Jahrhunderts eine Gastwirtschaft war. Darin soll sich folgende ergötzliche Geschichte zugetragen haben: Einst kehrte der Räuberhauptmann Schinderhannes <http://www.net-art.net/kropp/schind.htm> hier ein, um sich an einem Hirschberger Schnaps zu stärken. Es dauerte nicht lange, da ritt ein Gendarm vor, sprang ab und band sein Roß an den alten Birnbaum vorm Haus. Dann trat er ein, bestellte sich auch ein Viertelchen und begann, sich mit dem Wirt zu unterhalten. Schinderhannes mischte sich auch in das Gespräch ein, und als sie auf den Räuberhauptmann zu sprechen kamen, schimpfte er gotteslästerlich über ihn. Nach geraumer Zeit begab er sich hinaus auf den Hof, band rasch das Pferd los und schwang sich auf dessen Rücken. Als der Gendarm das merkte, riß er verdutzt das Fenster auf und fuhr ihn wütend an , was das zu bedeuten hätte Ganz gelassen erwiderte der Räuber:,, Wenn du den Schinderhannes suchst, hier ist er!” Dann ritt er eiligst davon und hinterließ dem Gendarm den Spott der Bervölkerung. Eine andere Begebenheit von ortsgeschichtlicher Bedeutung soll hier festgehaltenm werden. Als im Jahre 1848 die Revolution im Herzogtum Nassau ausbrach, zog ein bewaffneter Haufen Unzufriedener nach Wiesbaden und verlangte drohend vom Herzog Adolf die Bewilligung folgender Forderungen: Pressefreiheit, Volksvertretung, Selbstverwaltung der Gemeinden, Aufhebung der Standesvorrechte, allgemeine Volksbewaffnung und Erklärung der Domänen als Staatseigentum. Der Herzog, der ein Blutvergießen vermeiden wollte und wohl auch um sein Leben bangte, bewilligte vom Balkon seines Schloßes alle diese Forderungen der Aufständischen. Als die Kunde davon nach Hirschberg kam, griffen die landhungrigen Bauern nach Axt und Säge und hieben den an der Straße nach Eppenrod gelegenen, ungefähr 9 Hektar großen Staatswald ab. Im nächsten Jahr sollten sie für diese Eigenmächtigkeit zur Verantwortung gezogen werden. Sie fanden aber in der Person des Bürgermeisters Hubert einen mutigen und klugen Anwalt, der die Verhandlungen mit der Regierung so zu drehen verstand, daß die Bauern straflos blieben und das Land Eigentum der Gemeinde wurde. Es führte hinfort den Namen ,,Freiheitsfeld”. Nur eine jahrhundertealte, mächtige Buche blieb bei der Rodung verschont. Unter dem Namen ,, Freiheitsbuche” hat sie bis 1922 dort gestanden. Auf dem Stamm stand deutlich eingeschnitten:,, 1848 gegann die Freiheit, 1849 hörte sie auf. Herborn, Schäfer.” In den beiden Weltkriegen mußte die Gemeinde einen hohen Blutzoll entrichten. Im ersten Weltkrieg hatte sie sieben, im zweiten zehn Gefallene, sieben Vermißte und drei Verschollene zu beklagen. Ihnen zu Ehren hat die Gemeinde auf dem Friedhof ein Denkmal errichtet, auf dem die Namen dieser unvergeßlichen Kriegsopfer eingemeißelt sind. Die Einweihung erfolgte am Totensonntag 1956. Über den wirtschaftlichen Stand des Dorfes um 1800 gibt Pfarrer Steubing folgenden Bericht:,, Alle Gebäude des Orts, 62, sind mit 6510 fl. assekuriert. Die Dorfgemarkung machen aus: 234 Morgen 56 Ruthen Ackerland, 105 Morgen 129 Ruthen Wiesen und 4 Morgen Unbrauchbares. Es wachsen hier alle Sorten von Getreide, auch Obst von aller Art, welches letztere nicht selten sehr gut geräth. Besonders hat das Dorf in seiner Gemarkung sehr schöne, ihm eigne Waldung, womit es sich auch von seinen Gemeindeschulden gerettet hat. Die Stallfütterung ist hier wie im ganzen Dietzischen durch den Anbau von Klee eingeführt. Hier ist der Viehstand dermalen 2 Pferde, 3 Füllen, 21 Zugochsen, 44 Kühe, 25 Rinder, 30 Schweine.” Seit dieser Zeit hat sich vor allem der Obstanbau stark entwickelt. Die Landwirtschaft hat an Bedeutung verloren. Heute nutzt Hirschberg seine schöne Lage auch für den Fremdenverkehr.
Häuser am Sumpf
Horhausen
Am Fuße der höchsten Erhebung der Esterau (Höchst 443m) liegt das Dorf Horhausen. Über das enge Gelbachtal schweift der Blick zum Buchfinkenland und zu den Ausläufern des Taunus und Hunsrücks. Horhausen liegt etwa 300 m über dem Meeresspiegel. Obwohl die erste urkundliche Erwähnung in das Jahr 1345 fällt, sind die Anfänge des Dorfes mit Sicherheit einige Jahrhunderte früher anzusetzen. Damals hieß es Horhusen (d.h. Häuser am Sumpf). Das schon früher Menschen um den Höchst ihre Siedlungen hatten, davon zeugen die keltischen Hügelgräber, irrtümlicherweise “Römerkippel” genannt, die etwa in der Zeit von 500 bis 100v. Chr. entstanden. Berühmt ist das “Fürstengrab zu Horhausen”, das kurz vor 1900 ausgegraben wurde und dessen Funde, soweit sie abgeliefert wurden, ins fürstliche Schloß des Grafen von Schaumburg nach Waldeck gebracht wurden. Es handelt sich um ein Brandgrab. Der Urne waren vielerlei bronzene und eiserne Gegenstände, Spangen, Ringe und Kettenteile und auch Teile eines Streitwagens beigegeben. Es ist sogar möglich, daß die Horhausener Gemarkung noch viel früher besiedelt war, hat man doch 1962 beim Bau einer Ölleitungstrasse, die von Holland bis zum Main führt und dabei auch den Abhang des Höchstes berührt, ein besonderes Hügelgrab gefunden. Dieses wurde sachgemäß vom Landesdienst für Vor- und Frühgeschichte freigelegt. Hier fand man kein Brand-, sondern ein sogenanntes Höckergrab. Anhand der Erdfärbung konnte man genau die Umrisse des in Hockstellung liegenden Skelettes erkennen. Etliche Reste von Gefäßen und Ringen lassen auf eine Zeit etliche hundert Jahre vor der Brandgräberzeit schließen.
Horhausen hat mit Recht seinen Namen “Häuser am Sumpf” erhalten. Noch heute stehen die ältesten Häuser in einem recht feuchten Gebiet, dem sogenannten “Weickert” (d.h. Weidengarten). Hier haben die ersten Siedler den Brunnen gefunden, der ihnen das lebenswichtige Wasser spendete. Auch jetztnoch ist das am Fuße einer etwa 700 Jahre alten Linde befindliche Brunnengewölbe mit Wasser gefüllt.
Die wenigen Menschen, die früher in Horhausen wohnten, waren Landwirte, Holzhauer oder Handwerker. Dies änderte sich, als die Holzappeler Grube Mitte des 18. Jahrhunderts erschlossen wurde. Gut zwei Jahrhunderte bestimmte der Berbau auch das Leben in Horhausen. Die meisten Männer verdienten beim Abbau der Erze ihren Lebensunterhalt. Viele von ihnen starben bereits in jungen Jahren an der Bergmanns- krankheit und hinterließen ihre Familien in bitterster Armut. Nach der Schließung der Grube im Jahre 1952 mußten sich viele Männer neue Arbeitsplätze suchen und fanden sie meist auch im Diezer Raum.
1962 konnte Horhausen beim Wettbewerb “Unser Dorf soll schöner werden” durch die tatkräftige Mitwirkung seiner Bürger auf Kreisebene den 1. Platz erringen. Durch den Umbau der alten Schule im Jahre 1959 wurden u.a. für die Feuerwehr neue Räumlichkeiten geschaffen und die kleine Gemeinde konnte schon damals einen Kindergarten in eigener Regie in Betrieb nehmen. Kurze Zeit später folgten der Bau einer Kläranlage und einer Leichenhalle. In Gemeinschaftsarbeit wurden ein Grillplatz, eine Mehrzweckhalle (1976) und ein Kinderspielplatz (1986) sowie viele andere Moderniesierungen durchgeführt.
Die Sage des Wackerhannes
Im 30. jährigen Krieg, als die Schweden ihr kriegerisches Wesen auch in unserer Gegend trieben, nahmen sie Winterquartier an der “Schwedenschanze”, unweit der Straße Horhausen /Giershausen. Von hier aus überfielen sie die Dörfer und plünderten sie aus. Als sie das Vieh ringsum in den Siedlungen und auf den Höfen abgeschlachtet hatten, kamen sie nach Horhausen und verlangten von einem jungen Mann, dem Hannes, daß er ihnen den Weg zum Hahner Hof, einem Gehöft zwischen Holzappel und Geilnau, zeigen sollte. Die Liebe zu den Menschen seiner Heimat und die Abneigung gegen die brandschatzenden Schweden, ließen den Hannes zu einer unvergleichlich mutigen Tat schreiten. Er führte das kleine Häuflein der schwedischen Reiter geradewegs in den schwach gefrorenen Sumpf und versank mit ihnen in dem grundlosen Morast. Diese tapfere Tat des wackeren Hannes gab dem späteren Herthasee den Namen “Wackerhannes”.
Überblick über einige Daten zur Geschichte der Gemeinde Horhausen
1345: Knappe Johann Dagsterre von Lorch und seine Frau Elisabeth, beider Tochter und deren Mann Dietrich von Langenbach verkaufen dem Kloster Arnstein (Abt Wilhelm) alle ihre im Kirchspiel Esten gelegenen Güter, Ländereien zu Scheid, Langenscheid und Horhausen.
1347: Friedrich und Alemuth, Eheleute aus Hübingen, nehmen vom Kloster Arnstein <http://www.rhein-lahn-info.de/Tipsfakt/Lahn/Kulturel/17.html>dessen Hofgut zu Horhausen in Erbbestand.
1360: Heinrich Stump von Horhausen und seine Frau Demud tragen dem Kloster Arnstein (Abt Wilhelm) ihre Güter zu Horhausen auf und empfangen sie unter genannten Bedingungen als Erbbestand zurück (wahrscheinlich die ersten namentlich erwähnten Einwohner von Horhausen).
1434: Das Kloster Arnstein verfügt über ausgedehnten Landbesitz zu Horhausen, der von einem eigenen Hof aus bewirtschaftet wird. Auch ein “Juncker Eberhardt von Scheide”, der Wohl dem Geschlecht derer von Laurenburg angehört, ist in Horhausen begütert.
1438: Werner und sein Sohn Henne von Holbach aus Nassau verkaufen dem Kloster Arnstein Gut zu Horhausen.
1440: Jakob von Grenzau verkauft dem Kloster Arnstein Güter zu Scheid, Laurenburg und Horhausen
Im Lande derer “von Usselbach”
Isselbach im Gelbachtal
Isselbach liegt im Nordwesten der Esterau, dort wo der Gelbach die Grenze gegenüber dem Montabaurer Land, dem “Trierschen” zieht. Die Ortsgemeinde Isselbach besteht seit 1973 aus den bis dahin selbstständigen Gemeinden Isselbach, Giershausen und Ruppenrod. IIsselbach, früher Usselbach, wird bereits 1355 als eigene Vogtei erwähnt. Der Name geht auf eine adelige Familie “von Usselbach” zurück, die hier ansässig war. Das Wappen derer von Usselbach ist seit 1973 von der Ortsgemeinde wieder amtlich eingeführt. Es zeigt drei silberne Fische im blauen Wasser auf gelbem Untergrund. Urkunden belegen, daß es bereits früher, um 1800, das Siegel des Ortes zierte. Ausgegrabene Tonscherben und Mauerreste weisen daraufhin, daß es im späten Mittelaltzer, nordöstlich des Ortes, am Oberlauf des Isselbachs, ein weiteres Dorf gab: “Oberisselbach”. Oberisselbach bestand nachweislich noch im Jahre 1573 und wurde vermutlich im 30 jährigen Krieg völlig zerstört. Kirchenbücher berichten, daß die letzten drei Einwohner nach Eppenrod und Heilberscheid gingen. Die im spätgotisch-frühbarocken Stil erbaute und bis heute erhaltene Kapelle entstand vermutlich um 1500. Aus diesem Jahre stammt die größte der beiden Kirchenglocken, die im 1. Weltkrieg abgenommen und für militärische Zwecke eingeschmolzen wurde. Bis zum Jahre 1630 gingen die Einwohner Isselbachs und Ruppenrods nach Eppenrod zur Kirche, während sie vorher nach Hirschberg pfarrten. Noch heute bilden Eppenrod und Isselbach einen gemeinsamen Pfarrbezirk. Die Gottesdienste werden nach wie vor in der 1971 restaurierten alten Kapelle abgehalten. Eine Begründung dafür, daß Ruppenrod als einziges Dorf jenseits des Gelbachs zum protestant- ischen Nassau kam und nicht zum katholischen Trierschen gehört, erfahren wir aus dem Bericht des Schultheißen Veit Priester aus Isselbach vom 17. Februar 1730: Ruppenrod, so heißt es dort, habe damals, als das Kirchspiel noch päpstlich war, seinen Gang nach Kirchähr gehabt. Nachher hätten die Ruppenröder einmal eine Hochzeit auf einem Freitag gehabt und Fleisch gegessen; da wäre ihnen von der trierschen Obrigkeit eine hohe Strafe auferlegt worden. Sie hätten sich deshalb bei der Obrigkeit Nassau beschwert und von dort die Order ebkommen, nichts an Trier zu zahlen. Zudem wäre den Ruppenrödern anbefohlen worden, ihren Kirchgang künftig (ab 1560) nach Hirschberg zu nehmen. Zugleich sei verordnet worden, daß der Ruppenröder Zehnte an Hirschberg fallen, dagegen aber der Pfarrer alle Sonntage zu Isselbach in der Kapelle Gottesdienst halten sollte. 1643 kam die Vogtei Isselbach mit den Orten Eppenrod, Giershausen und Ruppenrod in den Besitz Peter Melanders, des Grafen von Holzappel. Fortan gehörten sie zur Esterau und ab 1656 mit zur Grafschaft Holzappel-Schaumburg. Bereits 1718 wird in Isselbach eine Schule erwähnt. Sie stand im Hinterdorf, heute Birkenweg Nr. 8. 1824 entstand die “Neue Volksschule” mit Lehrerwohnung im Stil des nassauischen Klassizis- mus, die auch von den Kindern aus Giershausen und Ruppenrod besucht wurde. Seit der Auflösung der Schule 1969 gehen die Isselbacher Kinder zur Holzappeler Esterauschule.
Dorf auf der “langen Scheyde”
Langenscheid
Langenscheid wurde urkundlich erstmals im 13. Jhd. erwähnt. Der Ort hat seinen Namen von dem langge- streckten Höhenrücken, der als Wasserscheide den Daubach und den Schwarbach als Nebenbäche der Lahn trennt. Die Größe der Gemarkung beträgt 884 ha, davon 343 ha landwirtschaftliche Nutzfläche und 541 ha Nieder- und Hochwald. Langenscheid liegt 242 m ü. NN und zählt etwa 540 Einwohner. Seine Gemarkung wird östlich vom Daubach, südlich von der Lahn, westlich vom Schwarbach und nördlich von der Gemarkung Hirschberg begrenzt.
Kleine Chronik der Gemeinde Langenscheid
1298 erste urkundliche Erwähnung des Ortsnamens Langenscheid. Im Jahre 1298 erhält das Kloster Thorn aus Usingen in Langenscheid einige Güter und Rechte, die es vor dem Jahre 1500 dem Marienstift zu Diez verkauft. Der größte Teil des Langenscheider Grundbesitzes dürfte jedoch den Landesherren, den Grafen von Nassau, gehört haben. 1352 Das Koblenzer Stt. Florinsstift besitzt Grundeigentum in Langenscheid. Das Stift war Kirchherr der Kirche zu Esten, der Mutterkirche der Esterau. 1354 1354 erstmalige urkundliche Erwähnung einer Kapelle Langenscheid, der Antoniuskapelle. 1538 Erste Einführung einer sog. gemäßigten Reformation in unserem Raum durch das nassauische Grafenhaus. Von 1563 an wechselt mit den Nachfolgern der nass. Grafen noch mehrmals die Konfession.1633 Es herrscht eine Pestepidemie furchtbarsten Ausmaßes. In Langenscheid gibt es schlimmste Verwüst- ungen. Von ursprünglich 30 Häusern stehen nur noch 5. 1643 Peter Melander kauft die Esterau. Esten wird seine Residenz und erhält 1688 den Namen Holzappel. Melander plant den Bau eines Schloßes in Langenscheid. Tod Peter Melanders. Der geplante Schloßbau in Langenscheid kommt nicht mehr zustande. 1648 Sein Testament wird für ungültig erklärt. Seinem Wunsch, in Langenscheid beigesetzt zu werden, wird nicht entsprochen. Langenscheid wird von seiner Mutterkirche Esten gelöst und zur selbstständigen Pfarrei erhoben. 1649 Die Witwe Peter Melanders duldet die Wiedereinführung des reformierten Glaubens. 1656 Die Witwe Peter Melanders, Freiin von Effern, kauft das Schloß Schaumburg mit Cramberg und dem Kirchspiel Habenscheid. Neue Namensgebung: Grafschaft Schaumburg.
1731 Langenscheid baut seine Kirche unter Pfarrer Hospinian, der außerdem den Kartoffelanbau im Nassauer Land einführt. 1843 Zehntenaufruhr in Langenscheid. Die Bauern weigern sich, die Zehntabgaben abzuliefern. 1844 Ablösung des Zehnten. Die Gemeinde kauft ihn von der Herrschaft für 30.000 Gulden. 1845 Abriß der Zehntscheuer auf dem Schulplatz. 1849 Ludwig Born zieht als Abgeordneter in die Nassauische Volkskammer ein. 1867 wird er Mitglied des Preußischen Landtages. 1862 Bau der Lahntalbahn. Viele Bürger des Dorfes finden hier Arbeit. 1870 Am Deutsch-Französischen Krieg nehmen auch sieben Langenscheider teil. 1917 Die größere der beiden Kirchenglocken wird für Kriegszwecke beschlagnahmt. Am 01.Juli 1917 läutet sie das letzte mal. 1917 Beschlagnahmung der vorderen Orgelpfeifen für Kriegszwecke. An Palmarum 1921 werden die Pfeifen wieder eingesetzt. Während des 1. Weltkrieges werden 42 Bürger eingezogen. 20 von ihnen werden diesen Krieg nicht überleben. 1918 Verkauf der noch vorhandenen kleinen Glocke. Lieferung von zwei neuen Glocken durch die Firma Rinker aus Sinn. 1927 Einweihung des Ehrenmales auf dem Friedhof. 1931 Am 19./20. September findet das 200jährige Kirchenjubiläum statt. Während des 2. Weltkrieges hat die Gemeinde Langenscheid 41 Kriegstote zu beklagen.1969 Auflösung der Volksschule. Die Kinder besuchen zukünftig die Esterauschule in Holzappel. 1970 Bau eines Kindergartens mit Feuerwehrgerätehaus. Die renovierte Kirche wird eingeweiht.
Unter der Burg
Aus der Geschichte Laurenburgs
Das Dorf Laurenburg hat seinen Namen von der Burg Laurenburg, welche 1093 erstmals erwähnt wurde. Der Ursprung des Dorfes liegt jedoch einige Jahrhunderte weiter zurück, und zwar in der alten vorfränkischen Siedlung Zulheim, welche wir uns an die Stelle des heutigen Oberdorfes vorstellen müssen. Die zeitliche Entstehung von Zulheim haben die Namensforscher anhand der Endsilbe “-heim” in das 5. Jahrhundert datiert. Schriftliche Nachweise dieses Ortes mit dem Namen Zulheim, Zuylheim und Zilmer finden wir 1368 und 1383 in Arnsteiner und Estener Urkunden, sowie auf einem Kupferstich aus dem Jahre 1745.
Das Schloß Laurenburg, welches auf dem Kupferstich “das neuere Laurenburg” genannt wird, ist urkundlich zuerst 1343 belegt und diente den Burgmannschaften als zusätzlicher Wohnsitz. Peter Melander kaufte es 1647 von den Herren von Schönborn; seine Erben ließen es 1652 umbauen. Umbaumaßnahmen größeren Stiles erfolgten etwa alle weitere 120 Jahre, so z.B. 1740 und 1866, 1988/91 wurde wiederum eine grundlegende Renovierung durchgeführt. Die Bessitzer des Schloßes wurden nach den Erben Peter Melanders zunächst die Silber- und Bleibergwerksgesellschaft AG, zu Holzappel bzw. deren Nachfolgerin die Stolberger Zink AG. und schließlich 1962 die evang. Kirche Hessen/ Nassau. Nachdem die Grubenverwaltung und einige Angestellte mit ihren Familien das Schloß 1954 verließen, pachtete es zunächst das evang. Hilfswerk, es diente seit dieser Zeit als Heim der Erholungs- bzw. Altersfürsorge. Mittlerweile befindet es sich im Besitz der Heilerziehungs- und Pflegeheime Scheuern, die hier ältere geistig behinderte Menschen betreuen.
Die Entwicklung des Ortes Laurenburg, in der weiteren Betrachtung ist Zulheim eingeschlossen, hat in zwei verschiedenen Perioden einen regelrechten Aufschwung erlebt, welcher jedoch danach immer wieder abebbte. Die erste Blütezeit war imelften Jahrhundert, als die Grafen von Laurenburg ihre Macht entwickeln konnten, bis sie um 1124 in Nassau eine neue Burg bauten und dem niederen Adel die Burg und Teile des Ortes überließen.
Laurenburg um 1740 (nach einem Kupferstich von J.B. Brühl)
Die zweite Entwicklungsperiode kam mit dem Bau der Lahntaleisenbahn (1859-62) und der ersten Erzaufbereitung in Laurenburg (1866) Diesre Aufschwung ist auch an der gestiegenen Zahl der Einwohner ersichtlich. Die ersten zusammenfassenden Einwohnerlisten des Ortes Laurenburg mit Angaben der Erwerbstätigen finden wir in den Schaumburger Akten, welche von R. Bonnet in Nassovica, Heft 2, aufgeführt wird. Nach der ältesten Liste von 1669 sind in Öaurenburg 6 Familien registriert, während eine Aufzählung von 1680 bereits 7 Familien aufweist. Die Gesamteinwohnerzahl beträgt 1680 39 Einwohner, 1817 175 E., 1864 283E., 1900 440E., 1925 411E. und 1988 400 Einwohner.
Ihr tägliches Brot verdienten sich die Laurenburger hauptsächlich in den Bergwerksbetrieben Holzappel/ Laurenburg, durch Fuhr- und Fährdienste, sowie mit Landwirtschaft und Weinbau. Letzterer ist von 1336 bis 1935 belegt.
Weitere erwähnenswerte Daten und Begebenheiten sind im folgenden Zusammengestellt: 1563 wird in Laurenburg eine alte Kapelle erwähnt; vielleicht befand sie sich unterhalb der Laurenburger Mühle. Von 1785 bis 1828 wurde der Adelheitsstollen gebaut, welcher unter dem Westflügel des Schlosses herführt und zunächst zur Entwässerung der Holzappeler Grube zur Lahn angelegt wurde. In der Zeit von 1866 bis 1904 benutzte man diesen Stollen auch zur Erzförderung in die Aufbereitung. 1904 wurde von der Grube bis zur Aufbereitung eine Seilbahn zum Transport der Erze errichtet. Die Laurenburger Schulkinder gingen bis 1818 nach Holzappel zur Schule, von 1818-1828 nach Scheid und von 1828 bis 1969 in das 1828 in der Dorfmitte von Laurenburg erbaute Schulhaus. Seit 1969 besuchen die Kinder die Esterauschule in Holzappel. 1838 fand auf dem neu angelegten Friedhof die erste Beerdigung in Laurenburg statt, vorher wurden die Laurenburger in Holzappel begraben. 1877 wurde die erste Brücke über die Lahn gebaut. Heute haben wir an dieser Stelle bereits die 5. Brücke, die letzte wurde 1977 eingeweiht. Vor 1877 wurde der Verkehr über die Lahn mit zwei Fähren bewältigt.
Das heutige Laurenburg hat wenig mehr als 400 Einwohner. Es hat einige kleine Gewerbebetriebe, wovon sich dei Fremdenverkehrsbetriebe die idyllische Lage des Dorfes im wohl schönsten Teil des Lahntales zu nutzen machen wußten.